92 Abgeordnete. So viele Männer und Frauen sitzen für die AfD-Fraktion nach der Bundestagswahl im Deutschen Bundestag. Sollten die Sozialdemokraten die Große Koalition mit der Union fortsetzen,
dann wäre die AfD die stärkste Oppositionsfraktion.
Bildquelle: Screenshot der ZDF-Sendung "Heute-Show" vom 22. September 2017.
Haltung vs. Effektivität
Aus Sicht der Public Affairs stellt sich mit dem Einzug der AfD in den Bundestag eine entscheidende Frage: Soll man als Verband, als Unternehmen, als Beratung, als Think Tank oder als NGO mit der AfD-Bundestagsfraktion, ihren Abgeordneten und den Referent*innen ihrer Büros zusammenarbeiten?
Alle Abgeordneten der AfD-Fraktion wurden demokratisch gewählt. Sie alle werden vier Jahre im Bundestag sitzen und Politik machen. Warum also nicht mit ihnen konstruktiv zusammenarbeiten? Warum nicht in den Themenfeldern abseits der Migrationsfragen einen Dialog führen und die AfD-Abgeordneten von den eigenen Positionen überzeugen? Kann man wirklich an der "Ausgrenzungsstrategie" festhalten, wenn Abgeordnete der AfD zu Bundestagsvizepräsidenten und zu Ausschussvorsitzenden gewählt werden? Kann man nicht versuchen mit ihnen in konstruktiver Art und Weise umzugehen und die "vernünftigen" unter ihnen von seinen Positionen zu überzeugen? Ist es demokratisch überhaupt statthaft eine ganze Fraktion von den Public-Affairs-Aktivitäten eines Unternehmens oder Verbandes auszuschließen?
Meine Antwort: Zur Haltung für die Demokratie gibt es keine Alternative
Alle Abgeordneten der Alternative für Deutschland stehen zu den Werten ihrer Partei. Diese Werte sind demokratiefeindlich, stehen dem Rechtsstaat zum Teil fundamental entgegen, negieren die elementaren Menschenrechte und gründen auf einem rassistischen und völkisch-nationalistischem Fundament. Und mehr noch: wer Mitglied der AfD-Fraktion im Bundestag ist teilt nicht nur die Werte der Partei, sondern der stellt sich auch hinter die Führungskräfte seiner Partei. Diese Führungskräfte sind:
- Beatrix von Storch: "Je länger Merkel am Ruder der CDU bleibt, desto mehr Fleisch werden wir von ihrem Kadaver reißen." (Tweet vom 19.12.2017)
- Alice Weidel: "Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den
Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen." (E-Mail vom 24.02.2013, thematisiert von der WELT am 09.09.2017)
Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollenDiese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen - Alexander Gauland: Wenn Franzosen und Briten stolz auf ihren Kaiser oder den Kriegspremier Winston Churchill seien, "haben wir das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen." (Rede am 02.09.2017)
- Bernd/Björn Höcke: "Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." (Rede vom 17.01.2017)
Wer mit Akteuren der AfD-Fraktion zusammenarbeiten will, der hat verkannt, dass Public Affairs nicht unpolitisch sein kann. Die AfD gefährdet in Worten und Taten die Demokratie und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Jedes Unternehmen und jeder Verband sowie jeder Think Tank und jede NGO, die mit AfD-MdB Gespräche führt, sie zu Veranstaltungen einlädt oder mit ihnen in einen konstruktiven Austausch über die jeweiligen Fachthemen eintreten möchte, der legitimiert die AfD, ihre Positionen und wertet ihre Akteure auf. Zur Haltung für die Demokratie gibt es keine Alternative! Wer zur Demokratie, zu den Menschenrechten, zur Freiheit und zur Gleichberechtigung steht, der arbeitet auf keiner Ebene mit der AfD zusammen. Public Affairs hat auch eine gesellschaftliche Verantwortung und sollte nicht nur auf die Durchsetzung kurzfristiger Interessen im politischen Prozess ausgerichtet sein.
Wer diese Haltung nicht teilt, der- oder diejenige lässt sich vielleicht von den strategisch-kommunikativen Risiken einer "normalisierten" Zusammenarbeit mit der AfD überzeugen. Der Fall des Maritim Hotels in Köln ist hier beispielhaft: Als bekannt wurde, dass die AfD ihren Bundesparteitag im Maritim Hotel in Köln durchführen wollte kam es zu massiven Vorwürfen gegen die Hotel-Kette. Allerdings nahm das Management davon Abstand den Vertrag mit der AfD zu kündigen, sondern ermöglichte den Funktionären der Partei unter Polizeischutz die Durchführung ihres Bundesparteitags. Da die Maritim-Hotel-Kette in der öffentlichen Wahrnehmung und der medialen Berichterstattung aufgrund ihrer Entscheidung den Bundesparteitag der AfD in ihren Räumlichkeiten organisatorisch zu ermöglichen starke Reputationsverluste erlitt, gelangte das Management in der Folge zu der Einsicht, dass sie in Zukunft nicht mehr mit der AfD zusammenarbeiten wolle.
Eine klare Contraposition zur AfD macht natürlich kommunikativ angreifbar. Denn schließlich passt eine solche Haltung in das Storytelling der AfD: "Alle haben sich gegen die AfD verschworen, wollen sie klein halten - gerade, weil sie die unbequemen Wahrheiten ausspricht." Hierauf sollte man sich als Verband, als Unternehmen oder gleich welcher Akteur, der Haltung für die demokratischen Werte unserer Gesellschaft und gegen die AfD zeigt, vorbereiten.
Drei Tipps zum Umgang mit kommunikativen Angriffen der AfD:
- Nicht jeden hetzerischen Angriff durch übertriebene Reaktionen aufwerten. Wer eine klare Frontstellung gegen die AfD bezieht, der wird auch mit Gegenwind rechnen müssen. Eine kritische Reaktion der AfD kann auch Anzeichen dafür sein, dass man in seiner Kommunikation alles richtig gemacht hat. Gerade im Social-Media-Bereich versuchen rechte Nutzer*innen immer wieder Empörungswellen loszutreten. Wer hier auf jeden hetzerischen Post reagiert, der wertet ggf. die Hetzer*innen und ihre Hetze auf. Natürlich will und muss man manchmal trotzdem auf Vorwürfe oder Hetze reagieren. Ein gutes Beispiel, wie sich das im Social-Media-Bereich vereinbaren lässt sind hier die Reaktionen der Berliner Verkehrsbetriebe, die die Tweets auf die sie reagieren zum Teil anonymisieren. Somit werden die Nutzer*innen nicht aufgewertet, ihre Botschaften jedoch aufgegriffen. Gerade in den Sozialen Netzwerken muss man sich als professioneller Akteur außerdem fragen, wie viel Zeit und Ressourcen man in die Auseinandersetzung mit (Fake-)Accounts investieren will? Mein konkreter Tipp für Facebook und Twitter: einen Beitrag mit klarer Haltung posten und Hetzer*innen blockieren, denn man muss und kann mit Nazis, Rassisten und Hatespeech-Nutzern keinen fairen Dialog führen.
- Mit Hass und Hetze kreativ umgehen - Haltung lohnt sich: Sicher kann nicht jeder Think Tank, jeder Verband und jedes Unternehmen derart kreativ mit Hass und Hetze im Social-Media-Bereich umgehen wie die BVG. Die Auto- und Lkw-Vermietung Sixt zeigte aber schon 2016 sehr gut, wie man als Unternehmen, das Haltung zeigt eine Menge Geld verdienen kann. Alexander Gauland hatte im Mai 2016 der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt: "die Leute finden ihn [Jérôme Boateng] als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben." Infolge dieser Äußerung gestaltete das Unternehmen eine Werbeanzeige, die allen, die "einen Gauland in der Nachbarschaft haben" und daher umziehen möchten einen günstigen Umzugs-Lkw anpries. Ein weiteres Beispiel: Ein EDEKA-Supermarkt demonstrierte im August 2017 auf kreative Weise, wie er ohne ausländische Produkte aussähe und setze so ein Zeichen gegen Hass und Rassismus von Hetzern, die immer wieder dazu aufforderten nur "deutsche" Produkte anzubieten bzw. zu kaufen. Der Claim dazu: "So leer ist ein Regal ohne Ausländer". Der Erfolg gibt beiden Aktionen Recht. Nicht nur, dass sie virale Hits für Social Media landen konnten, ihre klare Haltung brachte ihnen Reputationsgewinne bei zahlreichen Kunden ein und führte zum ökonomischen Erfolg. Nachmachen erwünscht.
Werbeanzeige von Sixt
- Bei klarer Haltung bleiben und mit fachlichen Argumenten kontern - Rassisten in der Sache stellen. Um ihre politischen Ziele durchzusetzen verbreitet die AfD gezielt Unwahrheiten. Darauf sollte man sich vorbereiten. Gerade dann kann man Rassisten auch in der Sache stellen, indem man die eigenen, fundierten Positionen klar und sachlich zusammenstellt und über die verschiedenen Kommunikationskanäle verbreitet. Das gilt gerade dann, wenn die Lügen der AfD das Geschäftsmodell, den Absatz oder die Reputation des Unternehmens gefährden. Insbesondere als Verband sollte man darauf achten, dass die AfD nicht die Positionen instrumentalisiert und mit ihnen - oftmals aus demokratie- oder menschenfeindlichen Gründen - Politik macht. Auch hier heißt es dann: Haltung zeigen und fachlich kontern.
Aktuelle Artikel:
- #Haltung Zum Umgang mit der AfD in Public Affairs
- #JamaikaAbbruch und Social Media - das geht besser!
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Ihr seht einiges in diesem Beitrag anders? Dann lasst uns darüber sachlich streiten!
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d.krömer (Donnerstag, 01 Februar 2018 05:14)
AfD..demokratisch gewählt....
NSDAP wurde einst auch demokrat gewählt..
um nach 'machtergreifung' mttls 'ermächtigungsgesetzen' die demokratie umgehend abzuschaffen..!
bei allem schein'vernünftigrn' scheinkritischen wortgeklingel werden AfDisten nicht anders verfahren..
und ihre individuelle mentaldeformiertheit zur 'staatsräson' erheben..
die soziopathisch demagogische AfD hass/rachegefogschaft ist demokratieunfähig demokratiefeindl und auf keiner ebene wirklich partnerschaftsfähig!!
KEINE 'schauen wir mal' politik..!!die 'pubertären
AfD spätinfantilisten' sind nicht verantwortungsfähig!!!
KEINE wiederauferstehung unseliger vergangenheit..!!
Christine Böhnke (Sonntag, 11 Februar 2018 06:48)
Leider steht mir eine andere Meinung zu diesem Thema nicht zur Verfügung; daher kann ich Euch nur voll umfänglich zustimmen. Ich bedanke mich auch vielmals für die hilfreichen und guten Tipps, die Sie in dem Artikel gegeben haben.
Michael Kiener (Sonntag, 23 September 2018 15:17)
Selten so einen sorgfältig aufbereiteten Artikel zu dem Thema gelesen.
mark (Mittwoch, 14 August 2019 09:57)
dazu kommt, wer mit der AfD gesehen wird, ist bei den anderen Fraktionen auch schnell unten durch. Zumal ohnehin nicht mit der AfD kooperiert wird, sodass PA-Arbeit bei der AfD auch verschenkte Zeit ist.